Wüste Landschaft und die Politik ein Pulverfass
Hanns-Peter Kirchmann berichtet über den Sudan und erklärt, warum die Weltpolitik ein waches Auge auf dieses Land hat.
Der Sudan ist eine wirklich heiße Ecke in Afrika – und das nicht nur wegen Temperaturen, die tagsüber bis zu 50 Grad Celsius erreichen können. Der Abensberger Afrika-Kenner Hanns-Peter Kirchmann bezieht diese Feststellung eher auf die politische Lage im Sudan, der unmittelbar vor einer Zerreißprobe steht.
Darauf wird Kirchmann beim zweiten Teil seines Vortrags „Zwischen Feuer und Wasser – Bericht einer Expedition durch Nordostafrika“ am Montag im Pfarrsaal St. Barbara eingehen. Ein weiterer Vortrag beim Frauenbund am 18. November hat Burkina Faso und das MdLM-Gesundheitszentrum Maximilian Kolbe der Kirchmann-Stiftung zum Inhalt.
„Viel bewirken, nichts erwarten“
Anfang des Jahres hatten Kirchmann und seine Frau Felicitas, die sich seit gut zwei Jahren mittels einer eigens gegründeten Stiftung für das Gesundheitszentrum Maximilian Kolbe in Burkina Faso (Westafrika) engagieren, Äthiopien, den Sudan und Tansania bereist. „Wenn man Afrika helfen will, muss man Afrika kennen“, begründet Hanns-Peter Kirchmann dieses Abenteuer durch Nordostafrika. Mit Kalaschnikow und aus dem blanken Fels gehauenen Kirchen: Im ersten Teil stellten sie Äthiopien vor, ein Land, das hierzulande vor allem durch einen Mann und sein Hilfsprojekt bekannt wurde: Karl-Heinz Böhm.
Im zweiten Teil ihrer Expedition schafften die Kirchmanns die Einreise in den „Sudan, das verbotene Land“, was pro Jahr laut UN-Angaben nur rund 500 Menschen schaffen und lernten schließlich „Sansibar, das arme Paradies“ kennen und werden am Montag auch darlegen, welchen Bezug die Insel im Indischen Ozean mit dem Nordsee-Eiland Helgoland hat.
Immer wieder während ihrer Expedition stießen die Kirchmanns auf kirchliche Entwicklungshilfe und stellten fest: „Wie in Westafrika sind in Nordostafrika die Missionen der christlichen Kirchen diejenigen, die mit wenig Aufwand viel bewirken und nichts erwarten.“ Vor allem die politische Lage im Sudan ist dafür geeignet, dass die Weltpolitik in kürzester Zeit auf den Sudan, das größte afrikanische Land aufmerksam werden dürfte. Kirchmann ist kein Schwarzseher, doch sieht er einen Kriegsschauplatz „vergleichbar mit dem Nahen Osten“ heraufziehen.
Die Gründe, warum der Sudan eine Krisenregion ist, sind vielfältig. Der Norden des Landes ist islamisch geprägt, der Süden christlich, jede der Regionen hat seit 2005 eine eigene Regierung. „Das Unangenehme ist“, sagt Kirchmann, „dass der Süden im Prinzip deutlich reicher ist als der Norden und vor allem über Erdöl verfügt.“ Der Friedensschluss beider Regionen soll in einem Referendum über die Unabhängigkeit enden. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich der Süden des Sudan am 9. Januar 2011 für die Unabhängigkeit vom Norden entscheiden wird“, so Kirchmann. Doch, so vermutet er, das könne der Norden nicht zulassen, denn dann wäre der Nordsudan, in dem drei Viertel der Bevölkerung leben, vom Öl abgeschnitten, das für den Sudan 50 Prozent aller Staatseinnahmen und 91 Prozent aller Exporteinnahmen bedeutet.
Konsequenzen für Afrika
Nun glaubt der Abensberger Afrika-Kenner nicht, dass die USA hier einschreiten, denn das Öl aus dem Sudan sei ohnehin nur auf riskantem Weg zu beschaffen, allerdings meint Kirchmann, dass Israel „ein großes Interesse daran hat, dass der christliche Süden den Krieg gegen den islamischen Norden gewinnt“. Das Gefährlichste an einer Teilung Sudans sei die Konsequenz für den restlichen afrikanischen Kontinent. „Fast jeder afrikanische Staat hat einen muslimischen Norden und einen christlichen Süden“ –auch die direkten Nachbarn Burkina Fasos. In Burkina Faso selbst leben Christen und Muslims friedlich zusammen, was vor allem auch dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen beider Religionen auf demselben Friedhof bestattet werden.
Zum Ende ihrer siebenwöchigen Expedition, in der sie 10 000 Kilometer auf eigene Faust mit einem Geländewagen, einem Fahrer und einem Koch zurückgelegt haben, stießen Felicitas und Hanns-Peter Kirchmann schließlich noch auf Pemba, eine Insel zwischen dem afrikanischen Kontinent und den Seychellen, die zu Sansibar gehört. Hanns-Peter Kirchmann wird vom afro-arabischen Sklavenhandel in dieser Region berichten, der bis in römische Zeiten zurückgeht und von der Bedeutung Sansibars für den Handel schon zu Zeiten der Sumerer und Phönizier.
Im 19. Jahrhundert war Sansibar für den Weltmarkt einzigartig. Doch was tat „der dümmste aller deutschen Kaiser“, Wilhelm II.? fragt Kirchmann und fügt gleich die Antwort an: „Er stimmte einem Tausch zu. Die Engländer bekamen Sansibar und wir bekamen Helgoland“. (mf)