Sudan: „Im Süden reale Kriegsgefahr“
Droht dem Sudan ein neuer Krieg? Wenn der Fahrplan des 2005 unterzeichneten Friedensabkommens nicht eingehalten wird, ja. Das meint Robert Hedley, Leiter des Regionalbüros der Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ am Horn von Afrika. Für die „Diakonie Katastrophenhilfe“ ist er als Experte für den Sudan tätig und hält sich gerade in Äthiopien auf.
„Es hat im Sudan viele verschiedene Konflikte gegeben, zum Beispiel in Darfur, der Abei-Region und den Nuba-Bergen. Wenn aber das Friedensabkommen aus dem Jahr 2005 nicht weiter verfolgt wird, besteht die sehr reale Gefahr eines neuen Krieges zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. Beide Regionen haben eigentlich kein Interesse daran – aber die Menschen im Südsudan wollen die Unabhängigkeit. Sie setzen große Hoffnungen in das Referendum im Jahr 2011 und in die Möglichkeit, für die eigene Unabhängigkeit abstimmen zu können. Wenn sie diese Chance nicht irgendwie bekommen, wird das sehr ernste Konsequenzen haben.“
In dem nordostafrikanischen Staat haben bewaffnete Auseinandersetzungen in den letzten Monaten zugenommen. Auch bei den Vorbereitungen der Parlamentswahl im kommenden April und des Referendums von 2011 sei es zu Hindernissen gekommen, so Hedley. Wahlanmeldungen hätten zu spät begonnen, und viele Menschen hätten Informationen nicht erhalten. Das dadurch entstandene Misstrauen schüre weitere Konflikte, warnt der Experte.
„Wir externe Hilfsorganisationen können die Leute ermutigen, die in den Wahltrainingsprogrammen vor Ort arbeiten, die Bevölkerung gut zu informieren. Was bedeutet die Wahl für ihre Zukunft? Es muss auch garantiert werden, dass alle Gruppen der Bevölkerung in die Wahl einbezogen werden. Und drittens muss man allgemein die Entwicklung des Landes vorantreiben, zum Beispiel Schulbildung und Wasser garantieren. Denn dann merken die Menschen: Frieden lohnt sich.“
Die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft sei nun, bei den Wahlen in diesem Frühjahr wie beim Referendum für eine faire Abstimmung zu sorgen. Doch auch an Optionen für die Zukunft des Landes müsse man in diesem Kontext denken. Hedley:
„Es gibt noch so viele Unklarheiten. Wenn der Süden beim Referendum tatsächlich für die Unabhängigkeit stimmt – wo soll dann eigentlich die Grenze verlaufen und was passiert dann mit den anderen Gebieten? Man braucht eine klare Idee und einen Fahrplan für die Zeit nach der Abstimmung. Wir hängen da noch sehr hinterher, obwohl die internationale Gemeinschaft hart an diesen Fragen arbeitet.“
Mit dem Friedensvertrag vom 9. Januar 2005 zwischen der sudanesischen Regierung und der Rebellenbewegung SPLM gingen zwei Jahrzehnte Bürgerkrieg zwischen dem Süden und dem Norden des Landes zu Ende. Zu einer dauerhaften Stabilisierung des Sudans kam es aber bis heute nicht. Die Wahlen vom kommenden April sollen die ersten freien Parlamentswahlen seit 24 Jahren überhaupt sein. In dem Referendum von 2011, dessen genauer Termin noch nicht feststeht, soll zudem über eine mögliche Unabhängigkeit des südlichen Landesteiles entschieden werden.
Quelle: Radio Vatikan