Keine Chance für Darfur?

Konflikt Es geht um Weiden, Wasser, Öl, Macht und Einfluss. Letzte Hoffnungen ruhen auf China als Vermittler
Keine Chance für Darfur?
VON JÜRGEN RAHMIG
REUTLINGEN. Lange Jahre völlig unbeachtet, rückte der Darfur-Konflikt im Sudan zuletzt zwar in die Weltöffentlichkeit, doch eine Lösung ist weiter nicht in Sicht. Hoffnungen konzentrieren sich jetzt auf China als wichtigsten sudanesischen Verbündeten. Peking steht unter diplomatischem und öffentlichem Druck, sich als Vermittler einzuschalten. Auch US-Regisseur Steven Spielberg protestierte gegen die chinesische Haltung im Sudankonflikt, indem er 2008 seine Berufung als Berater für die Eröffnungs- und Schlussfeier der Olympischen Spiele in Peking zurückgab. Immerhin stimmte China schließlich der Entsendung einer UN-Friedenstruppe nach Darfur zu und beteiligt sich daran mit Ingenieuren. Seit Jahren allerdings blockiert Peking UN-Sanktionen gegen den Sudan.

Vor allem Frauen hier in einem Flüchtlingscamp in Westdarfur und Kinder sind die Leidtragenden in den sudanesischen Bürgerkriegen. FOTO: AP
Vor allem Frauen hier in einem Flüchtlingscamp in Westdarfur und Kinder sind die Leidtragenden in den sudanesischen Bürgerkriegen. FOTO: AP

Grausame Milizen
Neu aufgeflammt und zum richtigen Bürgerkrieg entwickelte sich der Konflikt in Darfur (arabisch: Darfur = Haus der Fur) nach Rebellen-Überfällen in 2003. Die sudanesische Regierung ging massiv gegen die schwarzafrikanischen Rebellen der »Darfur Liberation Front« vor, die ein selbstständigeres Darfur fordern.
Gleichzeitig aber aktivierte und bewaffnete Khartum die Jajanweed-Milizen, die sich aus gleichfalls in Darfur lebenden arabischen Nomadenstämmen rekrutieren. Sie gehen gegen die schwarzafrikanische Bevölkerung wie entfesselt mit brutalster Gewalt und Terror gegen ganze Dörfer vor: Massaker, Verstümmelungen, Vergewaltigungen, Brandschatzung. Human Rights Watch und Amnesty International dokumentieren viele der Gräueltaten. Selbst im benachbarten Tschad verbreiten diese Milizen Angst und Schrecken. Die Zahl der Toten in Darfur wird auf 200 000 bis 400 000 Menschen geschätzt, über zwei Millionen Zivilisten befinden sich auf der Flucht oder in Flüchtlingslagern teilweise im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik , wo sie unter einfachsten Verhältnissen ihr Leben fristen. Viele Flüchtlinge von den marodierenden Janjaweed-Milizen, die vor allem von Libyen aus mit panarabischen Ideen infiziert wurden, mehrfach überfallen.
Auseinandersetzungen gab es zwischen verschiedenen Volksgruppen schon in der Zeit des Sklavenhandels und nach der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1956 auch um knapper werdendes Weide- und Ackerland. Der Darfur-Konflikt steht im Zusammenhang mit dem anderen sudanesischen Bürgerkrieg zwischen dem Norden (Regierung) und dem Süden. Auch in diesem Krieg ging es prinzipiell um den Gegensatz zwischen Schwarzafrikanern im Süden und Arabern im Norden des Sudan, um arabische Regierungsdominanz und gleichzeitig den Gegensatz zwischen nichtislamischer und islamischer Bevölkerung. Der Konflikt im Südsudan war 1983 erneut ausgebrochen.
Schon bald schwappte der Kampf auch über die Grenzen in den Tschad hinüber. Von Darfur aus wurde während der Auseinandersetzungen der tschadische Präsident gestürzt. Der neue Präsident Idriss Déby griff schließlich die sudanesischen Regierungsgegner unterstützend in den Konflikt ein. Dafür unterstützte Khartum tschadische Rebellen gegen Déby. Darfur war Operationsbasis auch in dem nachfolgenden tschadischen Bürgerkrieg.
Zwei lang anhaltende Dürreperioden zuletzt Mitte der 80er-Jahre haben die Auseinandersetzungen verschärft. Es kam zu großen Wanderungsbewegungen von Volksgruppen infolge der Dürre in den Süden des Landes und als Folge davon zu Massakern. Es kam zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und schließlich zum Bürgerkrieg. Zahlreiche arabische Stämme schlossen sich zu den Janjanweed zusammen, die neues Weideland im Raum der Fur erobern wollten.
Der Krieg in Darfur ist also nicht allein einer zwischen Regierung und Rebellen, sondern auch zwischen Clans, Stämmen und Ackerbau betreibender schwarzafrikanischer sowie nomadisierender und Rinder züchtender arabischer Bevölkerung, wobei fast alle Bewohner von Darfur sunnitische Muslime sind. Die UNO sieht im Darfur-Konflikt den Klimawandel und seine Auswirkungen als eine wichtige Ursache.
Im Tauziehen um Darfur geht es auch um Öl und die Einnahmen daraus, die zunehmend an Gewicht gewinnen. Aus diesem Grund engagiert sich dort vor allem China als Hauptabnehmer des sudanesischen Erdöls.
Als es 2004 zum Waffenstillstand im Bürgerkrieg zwischen Süd- und Nordsudan und schließlich zur autonomen Region Südsudan kam, war das für die Rebellen in Darfur ein Hoffnungszeichen, Ähnliches für Darfur zu erreichen. Gleichzeitig führte es zu Abspaltungen von Rebellengruppen in radikalere und gemäßigtere Teile. UNO-Truppen und Beobachter überwachen den Waffenstillstand, der brüchig ist. Seit Mitte 2004 gibt es eine Mission der Afrikanischen Union im Sudan, die aber bislang wenig ausrichten konnte. Auch Deutschland schickte 2005 im Rahmen der UNO Beobachter in den Sudan. Versuche scheiterten, in Darfur zu Friedensabkommen zu gelangen.
Den Haag klagt Präsidenten an
Die UNO hatte 2006 eine 20 000 Mann starke Friedenstruppe für Darfur beschlossen, dies aber von der Zustimmung der Regierung in Khartum abhängig gemacht.
Erst 2007 stimmte Khartum auch UN-Truppen in Verbindung mit der Afrikanischen Union zu, der Unamid-Mission. Doch bis auf den heutigen Tag ist erst die Hälfte der UN-Truppen in Darfur. Das steht in Zusammenhang mit der unklaren Lage und dem Hin und Her des sudanesischen Präsidenten al-Baschir, gegen den der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl erließ. Diesen wiederum lehnen die afrikanischen Staaten mit Mehrheit ab. Den Haag wirft al-Baschir Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor.
Viele Hilfsorganisationen haben ihr Personal verringert oder den Hilfseinsatz nach der Ermordung von Mitarbeitern abgebrochen. Khartum verwies außerdem über ein Dutzend Organisationen des Landes. Zunehmend wurde es auch schwieriger, im Rahmen des Welternährungsprogramms Hilfe ins Krisengebiet und in die Camps zu bringen. (GEA)
Source: GEA

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